Lithium-Starterbatterie

Lithiumbatterien können auch bei geringer Kapazität und selbst teilentladen sehr hohe Ströme liefern. Als Starterbatterie reicht daher eine Kapazität, die deutlich geringer ist als die einer Bleibatterie. Bei Motorradbatterien nimmt man etwa ein Drittel; angeblich genügen aber schon etwa 20 Ah zum Starten von Dieselmotoren. Der grösste Vorteil ist das um etwa 20 kg reduzierte Gewicht. Auch Platz spart man ein wenig, meistens kann man den aber nicht gut nutzen. Die Betriebssicherheit ist unklar - unser Womo hatte nach zwölf Jahren noch die erste Starterbatterie, da liegt die Latte recht hoch. Ausserdem kann es Probleme bei sehr tiefen Temperaturen geben, das spielt bei uns aber keine Rolle. Wir sind Warmcamper, und bei ein paar Grad Minus ist die Batterie noch fit genug.

Anfang 2020 habe ich eine 45 Ah-LFP-Starterbatterie für unter 200 Euro bekommen, da konnte ich nicht länger widerstehen. Sie ist als Starterbatterie für Kfz spezifiziert und hat ein ROHS- und ein CE-Symbol aufgedruckt, was zumindest beweist, dass geduldiges Etikettenmaterial verwendet wurde. Mein Eindruck von der Batterie, die zweifellos am untersten Ende der Preisskala steht: Aussen hui, innen pfui. Sie hielt in unverbasteltem Zustand zwei Jahre, daher nicht wirklich zu empfehlen, wenn man nicht selber Hand anlegen möchte. Im Detail:

Der erste Eindruck ist ganz prima. Das ABS-Gehäuse ist hochwertig und hat die passende Form für einen einfachen Austausch. Unter den Kappen befinden sich massive Terminals aus Messing, das gefällt mir gut. Die Elektronen wollen mit 13,3 V rausdrängeln, das ist auch gut. Der Gehäusedeckel ist solide mit dem Unterteil verklebt, das finde ich schon viel weniger gut. Und wenn man das Gehäuse kippt, bewegt sich was im Inneren. Gar nicht gut. 

Der nächste Schritt war, die Batterie zu öffnen. Dies verkürzt die 2-jährige Garantie zwar um geschätzte 24 Monate, aber erstens möchte ich wissen, was drin ist, und zweitens möchte ich bei Defekten oder Verbesserungen die Komponenten tauschen und nicht die Batterie. Das ist ja auch einer der ganz grossen Vorteile von LFP, zumal das Gehäuse ja auf jeden Fall funktioniert und für hübsch befunden wurde. 

Zaghafte Öffnungsversuche ergaben, dass die Verklebung gründlich ausgeführt wurde und sich der Kleber nicht in Isopropanol löst. Daraufhin habe ich das Batteriegehäuse rundherum direkt unterhalb des Deckels aufgesägt. Das gibt ein bisschen Sauerei, dafür war der Erfolg garantiert. Gut geeignet sind Mini-Kreissägeblätter an einem Akkuschrauber; auf hinreichenden Arbeitsschutz ist dabei zu achten.

Das Ergebnis ist durchaus interessant: in der Fertigung wurde aus einem Dutzend 15 Ah-Folienzellen mit einem BMS ein korrekt verschaltetes Päckchen geschnürt. Besser gesagt: geklebt und gelötet. Dies wurde mit Kabeln eines vertrauenserweckenden Querschnitts - etwa 25 qmm - an die Terminals angeschlossen. Unten wurden zwei Fingerbreit Vergussmasse reingefüllt, Päckchen rein, Deckel draufgeklebt, fertig. Das ist die Art von hocheffizienter, qualitativ gerade ausreichender Fertigung, wie ich sie aus den USA kenne. Sie war aber in meinem Fall nicht ausreichend: beim Transport hatte sich das Päckchen gelöst und hing nur noch an den Kabeln. 

Da ich die Batterie erst mal im Originalzustand testen möchte, habe ich die Zellen wieder in die Vergussmasse gesteckt. Solange die Batterie aufrecht transportiert wird, ist das ausreichend. Zwischen BMS und erste Zelle kam ein Temperaturfühler mit herausgelegtem Kabel, dann habe ich die Batterie wieder verschlossen. Dafür habe ich kurze Stücke Alurohr (6 mm) mit Heisskleber in die Ecken des Gehäuses geklebt und 5 mm-Gewinde eingeschnitten. Durch entsprechende Löcher im Deckel kann die Batterie jetzt einfach mit vier Schrauben verschlossen und wieder geöffnet werden. 

Die Masse der Batterie kann man dieser wissenschaftlichen Tabelle entnehmen:

MasseGehäuse Aussen 23 cm breit, 17 cm tief, 19 cm hoch
MasseGehäuse Innen 22 cm breit, 16 cm tief, 15 cm hoch
MasseAkkupäckchen mit BMS 15 cm x 13 cm x 11 cm
MasseVorn Links (Plus ist Rechts)
Masse5,2 kg
MasseDie Vergussmasse ist so ein graues, silikonartiges Zeug
Massem = E * c–2

Für erste Tests wollte ich die Batterie mit etwa 100 Ampere belasten. Mit dem Womo ausser Reichweite und dem Wechselrichter darinnen ist das gar nicht so einfach. Meine Idee war, das Womo durch einen Lastwiderstand (0,1 Ohm) zu ersetzen. Dazu habe ich das Womo detailgetreu auf einen 10W-Widerstand gezeichnet und diesen zur besseren Kühlung in einen Wassereimer gehängt (mit dem echten Womo hätte ich das so nicht gemacht). Das hat funktioniert, aber nur eine halbe Sekunde lang - dann hat der Widerstand mit ein paar Blubberblasen die Waffen gestreckt. Wasserkühlung ist wohl ein guter Ansatz, aber der Faktor 100 war dann doch etwas viel. Die nächste Iteration bestand aus Widerstandsdraht, zwischen zwei Stücke Kupferdraht gelötet (5x 10 cm, 5 Ohm/m). Optisch furchtbar, funktioniert aber gut.

Für die elektrischen Tests wurde die Batterie zunächst aufgeladen. Das ging schnell, weil sie nahezu vollgeladen ausgeliefert wurde. Nach einer Entladung um etwa 5 Ah mit einer Halogenlampe wurde sie dann mit etwa 1000 Watt getestet. Die nach etwa 30 Sekunden einsetzende Rauchentwicklung wurde mir nach 3,5 Minuten zu heftig, sodass ich dann abgebrochen habe. Die interne Temperatur der Batterie stieg dabei auf 33 °C um gleichmässige 5 °C/min. 

Fazit: sowohl die Batterie als auch der hässliche Widerstand im Wassereimer haben den Test gut bestanden. Das verwendete Starthilfekabel - für's Motorrad gedacht - hingegen nicht: das Kabel wurde warm, die Klemmen heiss, die Isolierung ist angeschmurgelt. Da auch die Terminals heiss wurden und die internen Kabel in der Batterie einen ordentlichen Querschnitt haben, ist meine pfuschige Konstruktion wohl auch für die internen Erwärmung zumindest mitverantwortlich. Der Anlasser benötigt vielleicht den doppelten Strom, aber nur für ein paar Sekunden. Das sollte problemlos gehen.

Mit der ersten wärmenden Frühlingssonne ging es an den Einbau. Der ist mir schwergefallen - erst einmal beim Rausheben der alten Batterie, diese ist wirklich sauschwer. Aber auch, weil ihr der Batterietester nach Aufladen noch einen Kaltstartstrom von 690 Ampere bescheinigte, bei spezifizierten 850. Die Batterie ist also nach zwölf Jahren noch zu 80% fit, und ich ersetze lieber Sachen, die ordentlich kaputt sind. Es war dann aber leider doch noch ganz praktisch, eine funktionierende Batterie als Ersatz zu haben - dazu unten mehr.

Vor dem Einbau habe ich noch einen Aluminiumstreifen über dem BMS ergänzt. Der sollte elektrisch gegen Abschalten und mechanisch gegen schmelzende Lötstellen helfen. Ein BMS macht zwar eine Batterie idiotensicher, aber auch unzuverlässiger. Und eine Fahrzeugbatterie soll einfach funktionieren, selbst wenn die Zellen geschädigt werden - ein Wegschalten bei laufendem Motor ist nicht so nett. Die Balancer-Funktion wird davon nicht beeinflusst. War aber trotzdem keine gute Idee und würde ich jetzt nicht mehr so machen. Näheres dazu unten.

Die Fahrzeugbatterie beim Master ist auf einer Seite eingehakt und auf der anderen mit einem Halteblech fixiert. Da die neue Batterie deutlich schmaler baut, ist diese Halterung nicht zu gebrauchen. Damit sie sich im Fahrbetrieb nicht bewegt, habe ich sie mit einem Styroporklotz festgeklemmt. Das hat vollkommen problemlos funktioniert, da es leider nie zu einem Fahrbetrieb gekommen ist. Ich habe dann später einen Spanngurt ergänzt, mit dem ich jede Bauform einfach fixieren kann.

Der elektrische Test entsprach den Erwartungen: das Fahrzeug springt problemlos an, auch mit eingeschaltetem Fahrlicht. Und nach Abstellen des Motors fällt das Trennrelais nicht ab, welches bei unserem EBL (Calira/Knaus) spannungsgesteuert ist. Bei Belastung (z.B. Fahrlicht) trennt es aber sofort. Somit wird das in der Praxis keine Auswirkungen haben. 

Leider wurde dann als nächstes - wir haben 2020 - wegen der Corona-Pandemie der Saisonstart auf den Mai verschoben, und das Womo stand zwei Monate unbeobachtet in der Scheune. Und dann musste ich die Batterien wieder zurücktauschen, da die schöne neue Starterbatterie auf 2,5 V tiefentladen war. Nach etwa 24h hatte sie sich auf rund 5 V erholt, alle Zellen hatten positive Spannungen im Bereich 1,0-1,6 V. Ich habe sie dann mit geringem Strom (ca 1 A) aufgeladen. So können sich die Zellen schön ausbalancieren, ohne dass es hohe Ströme in den Balancern gibt. Das hat rund zwei Tage und Nächte gedauert, was in etwa der Kapazität entspricht. Einen anschliessenden Belastungstest mit Wechselrichter und 2 kW Heizlüfter für etwa zehn Sekunden hat die Batterie bestanden, daraufhin habe ich sie wieder eingebaut. 

Tiefentladen wurde sie wohl, weil ich den Knaus-Radioschalter nicht ausgemacht habe. Um das in Zukunft zu verhindern, könnte man die Batterie von aussen abschaltbar machen oder einen 12V-Ladezugang legen. Ich habe erst einmal einen Batteriecomputer eingebaut, der mir neben dem Batteriezustand und Kriechströmen auch verrät, was so ein Womo beim Starten überhaupt verbraucht. Nach Einschalten der Zündung verbraucht das Womo rund 1 kW, was nach vielleicht 10 Sekunden - aber deutlich nach Erlöschen der Vorglühlampe - langsam weniger wird. Der Anlasser braucht minimal mehr als 1 kW, sodass man beim zügigen Starten auf eine maximale Belastung von gut 2 kW (180 A) kommt. Da die Batterie deutlich kürzer ist als die Originalbatterie, ist reichlich Platz zum Verbauen des Shunts. Ausser dem Packungsinhalts des Batteriecomputers braucht man noch ein Stück Kabel, welches mit einer Öse zum Anschluss an Plus sowie einer fliegenden Sicherung (1 A) versehen wird, um den Shunt mit Spannung zu versorgen. Diese Sicherung ist - neben einer mechanischen Entlastung - ausgesprochen wichtig. Wie man auf dem Bild unten sieht, wird es ziemlich sicher einen Kurzschluss geben, wenn sich das Pluskabel lösen sollte. 

Updates:

Über die Saison 2020 hat die Batterie problemlos funktioniert, sowohl zum Motorstart als auch zum Kaffeekochen über den Wechselrichter mit der Nespresso.

Im April 2021 war die Batterie nach gut fünf Monaten Winterpause leider wieder auf ein paar Volt tiefentladen, es war also wohl nicht (nur) der Radioschalter. Ich hab den alten, quäkenden Marderschreck in Verdacht, muss ich mal austauschen. Laden über Nacht (2A = 0,05C über den Starthilfeanschluss im Motorraum) brachte 50% auf die Batterie, was zum Starten ausreichte. Nach einer längeren Fahrt war die Batterie wieder voll und verrichtete über die Saison problemlos ihren Dienst. Der Exitus kam am Ende der Saison beim Starten nach einer Frostnacht. Sie hielt die Spannung noch bei geringer Belastung, aber zum Starten musste ich die Aufbaubatterie zuschalten. Erster Eindruck nach dem Öffnen: die Zellen sahen normal aus, weder dick noch geplatzt. Beim Belastungstest leistete die Batterie minutenlang 100 A, als wäre nichts gewesen. Meine Vermutung: Abschaltung des BMS wegen Unterspannung. Die schlampige Überbrückung mit dem aufgeklebten Streifen Alublech reicht zwar für die Fahrzeugelektrik, aber nicht für den Anlasserstrom. Schwarze Funkenspuren an einem Ende des Blechstreifens erhärten den Verdacht. Man sollte das Ding also nicht überbrücken, sondern rauswerfen. 

In der Winterpause wurden dann ein paar nachhaltige Verbesserungen angebracht:
- Die graue Vergussmasse kam raus (fast ein Kilogramm!)
- Das BMS ist rausgeflogen, das Anschlusskabel wurde gebrückt. Ist übrigens wirklich sehr hochwertig, hat feine Litzen und hitzefeste Silikonisolierung. 
- Aus vier initialisierten GTK/Lifetech-15Ah-Hochstrom-Rundzellen wurde ein Paket gebastelt mit Anschluss- und Balancerkabeln. Passt Hochkant noch gerade mit ins Gehäuse und wurde parallel an die Pole angeschlossen. 
- Die Einzelanschlüsse der beiden Zellpakete wurden mit drei Balancerkabeln zusammengeschlossen, für einen Aktivbalancer und einen passiven Leistungsbalancer. Letzterer verbrät Überspannungen und wird bei Ladung durch den Generator empfohlen. Das dritte Kabel wird herausgeführt, um die Zellspannungen ohne Öffnen der Batterie messen zu können. Der Aktivbalancer darf erst nach Anschluss aller Zellen angesteckt werden.
- Alle blanken Kontakte wurden abgeklebt. Die offene Batterie wurde mit 100 A belastet und mit einer Wärmebildkamera überprüft, nichts wurde warm. 
- Neue Masse 6,3 kg. 
 
Die intensive Saison 2022 mit der modifizierten Batterie war dann wieder prima. Problemloses Starten auch nach wochenlanger Standzeit und Kälte. 
 
Leider war es dann 2023 wieder so weit: der Frühlingsblick auf das Display verrät - das Display ist aus. Gibt es einen Kriechstrom, oder ein Problem mit ungeraden Jahren? Vielleicht geht ein Steuergerät nicht aus, wenn man keine Fahrerhaustür öffnet ... jedenfalls ist die Batterie bei 2,2 V, aber keine Zelle unter 0,4 V. Langsames Laden mit 50 mA und später mit 2 A machen sie wieder fit, aber nach der Ladezeit zu urteilen hat sie inzwischen ein Drittel weniger Kapazität. Die Saison verlief aber problemlos, und beim Einwintern wurde auf das Öffnen der Fahrertür geachtet.

Titelbild: White Park Bay