Fehlerstrom-Schutzschalter

Ein Fehlerstrom-Schutzschalter (auch RCD oder früher FI genannt) ist ein zusätzlicher Schutz in Wechselstromnetzen. Im Gegensatz zu Leitungsschutzschaltern ("Sicherungen") lösen sie nicht bei Überschreitung eines bestimmten Stroms aus, sondern dann, wenn der Differenzstrom zwischen zwei Leitern überschritten wird. Das ist eine sinnvolle Schutzmassnahme, denn dieses Abweichen bedeutet ja, dass irgendwo Strom durchfliesst, wo er nichts verloren hat. Das kann eine vollgeregnete Kabeltrommel sein oder ein unachtsamer Camper. Ein RCD verhindert dabei nicht, dass man einen elektrischen Schlag bekommt, sondern soll dessen Folgen abmildern. Man kann das mit einem Airbag vergleichen, der auch erst auslöst, wenn alles zu spät ist, und nur Folgen abmildert. Daher sind RCD auch nur als Zusatzschutz geeignet und zugelassen; Grundprinzipien der elektrischen Sicherheit zum Berührungsschutz (Isolierung) und zum Potentialausgleich (Schutzleiter) gelten immer.
Technisch ist ein RCD ein recht simples Bauteil, bei dem zwei Leiter durch einen Eisenkern geführt werden. Die Magnetfelder heben sich bei identischen Strömen und umgekehrter Fliessrichtung auf. Kommt es zu einem "Fehlerstrom", wodurch der Strom durch die beiden Leiter voneinander abweicht, entsteht ein Magnetfeld, wodurch in einer Auslösespule auf dem Kern ein Strom induziert wird, der die Abschaltung auslöst. Die Funktion ist vergleichbar mit einem Leitungsschutzschalter, wobei bei diesen nur ein Leiter durch den Eisenkern geführt wird und der Auslösestrom viel höher ist (z.B. 16 A bei üblichen LS für Steckdosenkreise, aber gerade mal 0,03 A Differenzstrom für RCD).
Fehlerstrom-Schutzschalter (RCD) im Wohnmobil
Hinter der Landstromeinspeisung (CEE-Dose) ist neben Leitungsschutzschaltern für jede Leitung seit 2010 auch ein RCD (FI) vorgeschrieben. Der Hintergrund ist, dass der Anschluss des Wohnmobils über lange Kabel und mehrere Steckverbindungen erfolgen kann, und daher die Abschaltung der Stromsäule begrenzt zuverlässig ist. Eine Pflicht zur Nachrüstung älterer Wohnmobile besteht nicht, ist aber eine sinnvolle Massnahme. Dieser Zusatzschutz ist vor allem dann wichtig, wenn man den Landstromanschluss häufiger, über sehr lange Kabel oder an Stromsäulen mit zweifelhafter Absicherung nutzt. Wer wenig Platz hat, kann auch eine zweipolig schaltende LS-RCD-Kombination (RCBO) nutzen.
Fehlerstrom-Schutzschalter und Wechselrichter
Für den mobilen Einsatz geeignete Wechselrichter erzeugen 230V aus dem Bordnetz. Bei diesem Inselnetz, welches nicht mit dem Landstromnetz verbunden ist oder verbunden werden darf, sind beide stromführenden Aussenleiter von der Umgebung isoliert. Diese Netzform, die man als IT-Netz bezeichnet, ist besonders sicher, da ein einzelner Fehler nie zu einer gefährlichen Situation führt. Allerdings kann er auch unbemerkt bleiben, und mit der Zeit anfallende Mehrfachfehler können theoretisch zu Gefährdungen führen. Das ist normalerweise kein Problem, da eventuell verwendete Verlängerungskabel und Mehrfachsteckdosen sichtbar sind, und Beschädigungen daher auffallen. Ausserdem werden die Elektrogeräte auch gelegentlich an Landstrom verwendet, sodass die sehr seltenen internen Isolationsfehler bemerkt würden. Die Verwendung der üblichen steckbaren Elektrogeräte ist damit sicher und unproblematisch.
Wenn man eine komplexe Stromversorgung aufbaut, die zum Beispiel über eine Netzvorrangschaltung die im Womo vorhandenen Steckdosen versorgt, betätigt man sich als Elektroinstallateur. Die elektrotechnischen Normen sind im privaten Bereich zwar nicht verbindlich, aber soweit sie die elektrische Sicherheit erhöhen, sollte man zumindest die Optionen kennen. Zur normgerechten Ausführung eines IT-Netzes gibt es folgende Möglichkeiten:
- Betrieb eines einzelnen Gerätes an beliebig vielen Steckdosen oder
- Betrieb mehrerer Geräte, die alle Schutzklasse II erfüllen, oder
- Absicherung aller Geräte oder Steckdosen einzeln mit je einem RCD an der Steckdose (ein Gerät kann analog zum "Einzelgerätebetrieb" auch ohne RCD verbleiben) oder
- Installation einer Isolationsüberwachung
Diese Möglichkeiten sind Alternativen. Bei Betrieb eines einzelnen Gerätes geht es um Geräte, die man gleichzeitig anfassen kann. Sehr viele Geräte haben aber heutzutage sowieso Schutzklasse II, erkennbar am fehlenden Schutzkontakt des Steckers, und sind damit problemlos sicher zu verwenden.
Wenn man gelegentlich die elektrische Anlage prüft, erhöht man natürlich auch die Sicherheit, analog zur Gasprüfung. Sinnvollerweise prüft man dabei auf Isolationsfehler - kein stromführender Leiter darf Kontakt zur Karosserie oder dem Schutzleiter haben - und auf Durchgang des Schutzleiters von allen Steckdosen. Ggfs vorhandene RCD prüft man über die Prüftaste.
Aufhebung der Schutztrennung: die "PEN-Brücke"
Generatoren (Stromaggregate oder Wechselrichter) können nicht nur mobil verwendet werden, sondern können auch vorhandene Anlagen wie Häuser oder Wohnungen bei Stromausfall versorgen. Dies setzt voraus, dass man die elektrische Anlage vom Stromnetz allpolig abtrennen und auf die Notstromeinspeisung umschalten kann. Da man dabei auch den Neutralleiter von der Erdung trennt, ist es vorgeschrieben, diese Erdung über das Stromaggregat sicherzustellen. Für den Ersatzstrombetrieb vorgesehene Wechselrichter haben dazu bereits eine entsprechende Erdungsmöglichkeit verbaut, z.B. über ein Erdungsrelais, und müssen beim Betrieb normgerecht geerdet werden.
Mitunter führt die Möglichkeit der Ersatzstromversorgung im mobilen Einsatz zu einem gefährlichen Missverständnis. Sie beruht auf der korrekten Beobachtung, dass ein am schutzgetrennten Ausgang eines Wechselrichters vorhandener RCD bei einem einfachen Fehler nicht auslöst, und der falschen Schlussfolgerung, dass der RCD "nicht funktioniert". Die Funktion prüft man mit der Prüftaste, die einen Fehlerstrom induziert. Das Nicht-Auslösen durch ein Prüfgerät liegt hingegen daran, dass bei einem einzelnen Isolationsfehler im IT-Netz kein hinreichender - und somit auch gefährlicher - Fehlerstrom entsteht, analog zum Airbag, der auch nicht auslöst, wenn man beim Einparken an die Hecke kommt.
Einige Internetforen und YouTube-Videos empfehlen eine Aufhebung der Schutztrennung, damit ein einzelner RCD "funktioniert". In der Praxis soll dazu ein Aussenleiter mit dem Schutzleiter (PA/PE) gebrückt werden, dies soll eine "Erdung" simulieren. Das ist ähnlich schlau, wie vor einem unvermeidbaren Aufprall noch kräftig zu beschleunigen, damit der Airbag auf jeden Fall auslöst und "schützt", und funktioniert auch so: mit dieser "Brücke", die nichts anderes ist als ein Isolationsfehler, wird durch das Testgerät ein zweiter Fehler simuliert und der RCD löst aus. Dies aber nur, wenn der RCD zwischen den Fehlern sitzt. Man muss für eine solche Bastelei die Grundregeln der elektrischen Sicherheit ignorieren, da der Berührungsschutz nicht mehr gewährleistet ist und der Potentialausgleich nicht mehr potentialfrei. Ausserdem gibt es etliche Fehlerszenarien, bei denen der RCD nicht auslöst oder vom Gleichstromnetz blockiert wird, Überspannungen entstehen oder man bei Landstromanschluss einen Schlag bekommt. Der Mythos hält sich aber trotzdem.
Es gibt Wechselrichter, bei denen die Erdung eines Aussenleiters als steckbare Brücke ausgelegt ist. Diese sind sowohl für den mobilen Betrieb als auch für die Ersatzstromversorgung geeignet, müssen aber natürlich entsprechend eingerichtet werden. Im mobilen Betrieb ist nur ein schutzgetrenntes (IT-) Netz sicher und normgerecht umsetzbar, was sich schon daraus ergibt, dass man keine normgerechte Erdung herstellen kann.
Zuverlässigkeit und Typen von RCD
Alle RCD sollen regelmässig geprüft werden, meistens monatlich oder vierteljährlich. Der Hersteller schreibt das vor, aber es überprüft natürlich niemand. Jeder hat die Wahl zwischen Wartungsaufwand und Zuverlässigkeit.
Es gibt verschiedene Typen von Fehlerstromschutzschaltern. Neben den üblichen günstigen RCD vom Typ A gibt es noch allstromsensitive RCD (Typ B), die auch in Fällen auslösen, wo Gleichstromanteile einen RCD blockieren können. Je nach Art der Betriebsmittel ist also die Auswahl des richtigen Typs wichtig, wobei im Womo ein Typ A in den allermeisten Fällen ausreichen dürfte.
Titelbild: Sargans