Wechselrichter und Brücke

Verschiedene Haushaltsgeräte im Leistungsbereich 1200-1300 Watt mag man für unverzichtbar halten - das können eine Kaffeemaschine, ein Fön oder ein Staubsauger sein. Um auch beim Freistehen oder unterwegs auf den Luxus nicht verzichten zu müssen, kann man sich einen Wechselrichter (WR) einbauen. Ich hatte mir zunächst einen 1500 Watt-Echtsinus-Wechselrichter seitlich an die Sitzkonsole geschraubt. Nachdem dieser jedes Jahr kaputt war, habe ich ihn durch ein 2000 Watt-Gerät eines anderen Herstellers ersetzt. Dieser funktioniert seit vielen Jahren problemlos. Eine gewisse Leistungsreserve scheint also eine gute Idee zu sein, wobei ich vielleicht auch einfach mit dem ersten Gerät Pech hatte. Wichtig ist bei den Leistungsangaben, dass sie sich auf die Dauerleistung beziehen. Die Spitzenbelastbarkeit liegt meistens rund doppelt so hoch, ist aber in der Praxis nicht relevant. 

So sieht das ganze aus der Perspektive des Rückfahrmonitors aus. Die losen Kabel oben gehören zu Batteriecomputer und Thermometer, die erst mal einfach in der Piemontverpackung obendrauf liegen.

Teilt man die Leistung durch die Spannung, erhält man den Strom: Bei 1200W und 12V sind das rund 100A.  Manchmal wird empfohlen, Wechselrichter an die Starterbatterie anzuschliessen, weil diese für hohe Ströme gemacht sind, aber leider geht das auf Kosten der Entladetiefe. Ausserdem besteht das Risiko, dass man den Motor nicht mehr starten kann. Möchte man den Wechselrichter an der Aufbaubatterie betreiben, muss diese den notwendigen Strom liefern können - die Spezifikation gibt die entsprechende Auskunft. Bei Lithiumbatterien ist das meistens der Fall. Ausserdem kann der Wechselrichter sehr viel Strom über die Ladeleitung ziehen, wenn man ihn während der Fahrt betreibt. Diesen Fall sollte man mit einer selbstrückstellenden Sicherung absichern, wenn man keinen Ladebooster hat.

Der Einbauort soll möglichst nah an der Stromversorgung sein, meistens ist das die Aufbaubatterie. Das ist häufig eine nicht gut zugängliche Stelle, zum Einschalten ist daher eine Kabelfernbedienung sinnvoll. Die gibt es manchmal als Zubehör, manchmal ist sie dabei, und mitunter muss man sie selber bauen: ein zweiadriges Kabel an den Schalter anschliessen, direkt oder über eine Steckverbindung, und einen zweiten Schalter am anderen Ende verbinden. So kann man auch mit der Einschaltkontrolle verfahren. 

Leistungsstarke Wechselrichter müssen über dicke, möglichst kurze Kabel an die Stromversorgung (Batterie) angeschlossen werden - erst am Wechselrichter, dann an der Batterie. Das funkt beim ersten Anschluss, weil die Kondensatoren aufgeladen werden. Verhindern lässt sich das, wenn man den ersten Kontakt über eine 12V-Glühlampe herstellt. Alle Anschlüsse müssen ordentlich ausgeführt werden, in die Plus-Zuleitung gehört eine Schmelzsicherung möglichst dicht an den Batteriepol - ANL- oder Würfelsicherungen sind gut geeignet. Der Sicherheitsaspekt der Niederspannungsseite wird gerne unterschätzt, da es ja "nur" 12V sind. Kurzschlüsse leistungsstarker Batterien sind aber eine gefährliche Brandquelle. Neben der Absicherung am Pluspol ist daher eine saubere Kabelverlegung, ordentlich festgezogene Anschlüsse und ein Schutz gegen Beschädigungen (Kanten, Drehsitz etc) wichtig. Sie sollte nach Fertigstellung unter voller Belastung überprüft werden; Verbindungen und Kabel dürfen sich nicht erhitzen.

Für die Netzspannungsseite gibt es auch mehrere Optionen. Diese sind hier beschrieben.

Lithiumbatterien werden häufig mit BMS ausgerüstet. Diese sind bei LFP zwar nicht notwendig - daher lasse ich sie weg - aber aufgrund der hohen Stückzahlen günstig zu haben. Der Preis steigt allerdings mit der Strombelastbarkeit, weil der gesamte Strom über Halbleiter zur Abschaltung fliessen muss. Da Wechselrichter meistens mit Abstand den höchsten Strombedarf im Womo haben und ausserdem bei Unterspannung abschalten, kann man ein günstigeres BMS verwenden und dieses vom hohen WR-Strom verschonen, wenn man den WR anschliesst wie auf dem Bild oben dargestellt. So müssen nur Batterieanschlüsse, Shunt, Sicherung und Kabel zum WR für den hohen Strom ausgelegt werden. Das funktioniert aber nur mit separatem (oder weggelassenem) Batteriecomputer (BC). Weil es technisch einfach ist, wird mitunter ein BC ins BMS integriert; das ist aus Anwendersicht aber nicht so schlau.

Um im Betrieb mehrere Optionen zu haben, habe ich sowohl einen Anschluss zur Aufbaubatterie als auch einen Anschluss zur Starterbatterie gelegt. Die Plus-Leitungen sind geschaltet, und zwar zur Aufbaubatterie mit einem mechanischen Batterie-Hauptschalter, zur Fahrzeugbatterie mit einem Relais, welches durch Zündplus über einen Zusatzschalter angesteuert wird. Dies verhindert, dass der Wechselrichter versehentlich auf der Starterbatterie läuft. Zum Wechselrichterbetrieb gibt es damit zwei Optionen:

Wechselrichter an Aufbaubatterie: Hauptschalter an, Zusatzschalter aus (Normalbetrieb)

Der Wechselrichterbetrieb belastet die Aufbaubatterie, die durch meine Solaranlage wieder aufgeladen wird. Im Sommer völlig ausreichend.

Wechselrichter an Fahrzeugbatterie: Hauptschalter aus, Zusatzschalter an (bei Motorlauf)

In diesem Zustand belastet der Wechselrichterbetrieb die Starterbatterie oder – beim wärmstens empfohlenen Motorlauf – den Generator. Bei grösserer Stromentnahme (z.B. Fön) und wenig Sonne eine günstige Alternative: eine Batteriefüllung erlaubt eine halbe Stunde fönen, eine Tankfüllung etwa 48 Stunden (überschlägig errechnet, nicht ausprobiert). Ausserdem muss man mit leerer Batterie im Dunkeln frieren, während ein leerer Tank nur den Urlaub verlängert.

Zusatzfunktionen der Brücke

Eine detaillierte Analyse des komplexen Schaltplans zeigt, dass durch Betätigen beider Schalter Fahrzeug- und Aufbaubatterie parallel geschaltet werden können. Dies ist unabhängig vom Wechselrichterbetrieb und verbindet über Kabel mit hohem Querschnitt – das ist das, was ich als „Brücke“ bezeichne. Dadurch ergeben sich zwei interessante Zusatzfunktionen:

Ladebooster: beide Schalter an (bei Motorlauf)

Alternativ zu Solar kann man auch durch Rumfahren die Batterien laden. Dafür ist jedes Wohnmobil ab Werk üblicherweise mit einem Trennrelais ausgestattet. Bei Motorlauf oder Erreichen der Ladeschlussspannung an der Fahrzeugbatterie schaltet das Trennrelais die Batterien zusammen, und die Aufbaubatterie wird mitgeladen. Allerdings läuft das über recht lange Kabel, gerne wird die Verkabelung vom Bordladegerät mitbenutzt. Schaltet man Haupt- und Zusatzschalter zum Wechselrichter, werden die Batterien auch parallel geschlossen, aber über viel dickere und kürzere Kabel.

Wie sich das in der Praxis auswirkt, hängt von der Ladeelektrik, den Kontakten, Länge und Dicke der jeweiligen Kabel, Chemie der Batterien und Ladezustand ab. Da hilft nur Messen. Meine LiFePO4-Batterie wird bei der Fahrt über das Trennrelais mit etwa 100 Watt geladen, durch Zuschalten der Brücke mit 4-6 mal so viel. Damit kann die Batterie in einer guten Stunde geladen werden, der maximal zulässige Ladestrom von (in diesem Fall) 60 A wird aber nicht erreicht. Bei stark entladener Batterie (<20%) würde ich das nicht so machen, und erst mal mit mässigem Strom über das Trennrelais laden.

Ladebooster sind eigentlich separate Geräte: DC/DC-Wandler, die den Ladestrom durch erhöhte Ausgangsspannung exakt steuern können - im Prinzip ein Ladegerät für Bordspannung. Damit kann man auch mit der Originalverkabelung über das Trennrelais mit höherem Strom laden, allerdings mit dem technischem Aufwand (und Preis) in der Grössenordnung eines Wechselrichters. Der Ladestrom lässt sich genauer kontrollieren, aber in den meisten Fällen sind sie unnötig. Man kann die Funktion auch einfacher haben, indem man den Querschnitt der Verkabelung (und ggfs. die Länge) entsprechend wählt.

Starthilfe DIY: beide Schalter an (zum Motorstart)

Strom fliesst auch andersrum, wenn man ihn lässt, und eine Aufbaubatterie, die für hohe Ströme ausgelegt ist, kann auch einen Motor starten. Durch Betätigen beider Schalter kann man sich selber Starthilfe geben, ohne draussen im Regen mit Kabeln und dem Fahrzeug eines hilfsbereiten Zeitgenossen hantieren zu müssen. Das funktioniert problemlos auch bei leerer Starterbatterie, solange die Spannung ausreicht, um das Relais zu schliessen. Anderenfalls muss man das Relais provisorisch mit 12V von der Aufbaubatterie versorgen.

Wer das nachbauen möchte und sein Wohnmobil gerne unabgebrannt mag, sollte Kabel mit hinreichendem Querschnitt ordentlich anschliessen (= fest verschrauben) und selbstredend Schalter und Relais entsprechender Belastbarkeit verwenden. An jedes Batterieplus gehört eine entsprechende Sicherung (200-400 Ampere), im Fall der Starterbatterie kann man das Kabel auch an die vorhandene Hauptsicherung anschliessen. Ich würde Schmelzsicherungen verwenden, mit Sicherungsautomaten habe ich keine guten Erfahrungen gemacht – diese lösen bei längerer Belastung schon weit unter Nennstrom aus. Wenn dünnere Leitungen abzweigen, etwa für den Batteriecomputer, müssen diese unbedingt separat abgesichert werden.

Wenn man einen leistungsstarken Wechselrichter an der Aufbaubatterie betreibt, würde ich zusätzlich eine selbstrückstellende Sicherung in die Ladeleitung einbauen, die über das Trennrelais führt. Betreibt man den Wechselrichter, während der Motor läuft, schiebt der Generator nämlich den Strom über diese Leitung, die vom Querschnitt dafür nicht ausgelegt ist. Schmelzsicherungen oder Sicherungsautomaten an der Stelle sind ungünstig, weil man nicht so bald merkt, dass die Aufbaubatterie während der Fahrt nicht mehr aufgeladen wird.

Titelbild: Pietracorbara