Wechselrichter: die 230 V-Seite

Zum Anschluss eines Wechselrichters im Wohnmobil gibt es mehrere Optionen. Diese Seite behandelt die Verwendungsmöglichkeiten auf der Netzspannungsseite. Wie man einen Wechselrichter mit den nötigen 12V versorgen kann, steht hier beschrieben.

Nutzung der Steckdosen am Wechselrichter

Wechselrichter (WR) haben normalerweise eine oder zwei Standard-Steckdosen. Im einfachsten Fall nutzt man diese direkt. Allerdings ist der Einbauort häufig schlecht zugänglich, da der WR nahe an der Batterie sitzen soll. Viele nutzen daher ein Verlängerungskabel, eine Mehrfachsteckdose oder separate Steckdosen, die man sich im Womo installiert. Wenn man den WR über eine Kabelfernbedienung steuert, kann man ihn dann auch völlig unzugänglich einbauen, etwa unter dem Sitz. Vorsicht: auf ausreichende Belüftung bzw. Wärmeabfuhr achten. Wenn keine Kabelfernbedienung vorgesehen ist, kann man diese recht einfach selber bauen, indem man den Schalter im WR durch einen separaten Schalter überbrückt, den man über ein Kabel entsprechend verlängert. Eine Kontrollleuchte sollte sichtbar sein, damit man das Ausschalten nicht vergisst. Alternativ kann man eine kleine Lampe in eine freie Steckdose stecken.

Nutzung der Steckdosen im Wohnmobil

Möchte man dieselben Steckdosen nutzen, die man auch bei Landstromversorgung zur Verfügung hat, wird es ein wenig komplizierter. Erstens möchte man nicht alle Steckdosen versorgen, das Ladegerät macht keinen Sinn und der Kühlschrank soll auch häufig nicht über die Batterie laufen. Und zweitens gibt es für die verbleibenden Steckdosen zwei Versorgungskabel, vergleichbar einer Mehrfachsteckdose mit zwei Anschlüssen. Diese müssen immer getrennt bleiben, da sonst der jeweils andere Stecker (oder die Einspeisdose) Spannung führt und nicht berührungsgeschützt ist.

Das Umschalten erfolgt durch einen zweipoligen Umschalter (Netzwahlschalter), der über eine Mittelstellung "Aus" verfügt, oder ein zwangsgesteuertes Relais. Diese sogenannte Netzvorrangschaltung (NVS) gibt es im Handel. 

Funktion einer NVS: wenn Spannung am Master-Eingang von der Netzeinspeisung kommt, schaltet das Relais auf den Ausgang durch, unabhängig vom Slave-Eingang (das ist der "Netzvorrang").

Das Bild zeigt die NVS in stromlosem Zustand und normaler Anschlussbelegung. Diese führt zum "Netzvorrang", wenn also an beiden Eingängen Spannung anliegt, wird der Netzanschluss (Master) auf den Ausgang geschaltet. Es besteht die Möglichkeit, Master und Slave zu vertauschen, also den WR an Master anzuschliessen und das Netz an Slave. Dies hat den Nachteil, dass man die Batterie belastet, wenn man den WR vergisst auszuschalten, und den Vorteil, dass man auch bei wenig belastbarem Landstrom die volle WR-Leistung nutzen kann, während der Landstrom die Batterie lädt. Sinnvoll ist das daher nur bei leistungsstarken Wechselrichtern und entsprechenden Verbrauchern, wie z.B. Induktionskochplatten. 

Manche Wechselrichter haben eine integrierte NVS. Diese sind für Womo-Anwendungen weniger geeignet, weil die Kombination ca. dreieinhalb Nachteile hat: erstens den generellen Nachteil aller Kombi-Geräte - wenn eins kaputt ist, müssen beide in Reparatur oder ausgetauscht werden. Zweitens muss der WR nahe an die Batterie, die NVS aber an eine bestimmte Stelle der Womo-Elektrik, die deutlich entfernt liegen kann. Mit eingebauter NVS wird die Verkabelung also länger und komplizierter, wenn man die serienmässigen Womo-Steckdosen verwenden will. Und drittens ist nur bei einer separaten NVS die Verbindung zwischen den Geräten elektrisch zugänglich. Diese führt nur bei eingeschaltetem WR Spannung und kann für exklusive WR-Steckdosen, Kontrollleuchten oder eine Isolationsüberwachung genutzt werden. Und dreieinhalbtens kann man Master und Slave nicht vertauschen, wie oben beschrieben, was aus der Netzvorrangschaltung eine Wechselrichtervorrangschaltung macht. Man verbaut sich durch die integrierte NVS also diverse Optionen, was aber nur dann relevant ist, wenn man eine davon nutzen möchte. Wenn man hingegen dem Ausgang des Wechselrichters direkt oder über eine separate Verteilung auch mit Landstrom nutzen will, ist eine eingebaute NVS durchaus sinnvoll. 

Hier ist eine einfache und sichere Installation mit Einspeisung und einem schutzgetrennten WR schematisch dargestellt. Der Potentialausgleich (PA) verbindet alle Metallgehäuse und das Chassis, ist aber nur bei eingestecktem Landanschluss geerdet (PE).

Elektrische Sicherheit

Grundsätzlich gelten die klassischen Schutzmassnahmen in der Elektrotechnik:

Dies ist primär ein Basisschutz, der verhindert, dass man spannungsführende Teile berührt. Daher sind Kabel isoliert und die Löcher in der Steckdose so klein, dass man nicht mit dem Finger hineinkommt. Der Fehlerschutz muss verhindern, dass eine gefährliche Berührungsspannung durch einen einfachen Fehler entstehen kann; doppelte Isolierung und der Schutzleiter fallen in diese Kategorie. Beides muss bei einer sicheren Installation beachtet werden.

Es gibt noch Zusatzschutz, der in speziellen Fällen sinnvoll sein kann, aber nie alleinige Schutzmassnahme sein darf. Isolationswächter, Fehlerstrom-Schutzschalter (RCD) und Brandschutzschalter (AFDD) sind klassische Beispiele. 

Leider gibt es bei den üblichen Wechselrichtern verschiedene Ansätze, wie der Wechselstromausgang verschaltet ist. Durch Messen oder entsprechende Datenblätter sollte man herausfinden, wie der innere Aufbau ist:

Bei Geräten mit Schutztrennung sind beide 230 V-Aussenleiter von Schutzleiter und Gehäuse getrennt. Damit ist der Fehlerschutz gewährleistet, da das Berühren eines Aussenleiters keine Konsequenzen hat. Somit lassen sich alle üblichen Geräte an einem solchen WR sicher betreiben. Es gibt allerdings Normen, die beim Betrieb mehrerer Geräte weitere Schutzmassnahmen vorschreiben, wenn nicht alle Geräte schutzisoliert sind. Der Hintergrund ist, dass ein versteckter Isolationsfehler zwar nicht gefährlich ist, aber bis zum nächsten Landstromanschluss auch nicht bemerkt wird. Ein weiterer Fehlerschutz ist in diesem Moment nicht mehr gewährleistet. Ein zweiter Isolationsfehler in einem zweiten Gerät könne somit zu einer gefährlichen Spannung zwischen den Geräteoberflächen führen. In der Praxis gibt es aber immer noch den Schutzleiter, der die Gerätegehäuse verbindet, und dies sorgt neben der Unwahrscheinlichkeit von zwei Isolationsfehlern dafür, dass fast niemand weitere Schutzmassnahmen installiert. Schaden tut dieser Zusatzschutz natürlich nicht, realisieren kann man ihn durch Fehlerstrom-Schutzschalter (RCD) für jedes Gerät einzeln oder eine Isolationsüberwachung.

Bei Geräten mit "Erdungsbrücke" ist ein Aussenleiter mit dem Schutzleiter und dem Gerätegehäuse verbunden. Diese Geräte lassen sich im Wohnmobil weder sicher noch normgerecht verwenden und installieren, aus folgenden Gründen:

  • Bei Gehäusekontakt mit dem Chassis, z.B. beim Festschrauben an der Sitzkonsole, oder bei absichtlicher Verbindung der WR-Masse mit dem Fahrzeug liegen 230 V an der Karosserie an (gegen den anderen Aussenleiter). Dies verletzt bereits den Basisschutz und ebenso den Fehlerschutz, da ein einfacher Isolationsfehler am anderen Aussenleiter zu einer gefährlichen Berührungsspannung gegen das gesamte Fahrgestell führt. 
  • Der Schutzleiter (das gelb-grüne, dritte Kabel) funktioniert auch ohne Erdung als Potentialausgleich (PA) - aber nur, wenn er auch potentialfrei ist. Wenn er mit einem Aussenleiter verbunden wird, ist er als Schutzmassnahme sinnlos.
  • Durch den Anschluss des Batterie-Minuspols an die Karosserie stellt diese Schaltung eine unzulässige Verbindung mit den 12 V-Netzen von Fahrzeug und Aufbau her. Bei Geräten mit Anschluss an beide Netze (WR und Ladegeräte) verbindet dies auch Ausgang mit Eingang. Die Netze müssen strikt getrennt bleiben, damit ein einfacher Fehler nicht zu gefährlichen Situationen führen kann (z.B. Netzspannung auf die Batterie).
  • Durch die Anbindung eines Wechselstrom-Aussenleiters an die Fahrzeugelektrik stellen sich Fragen zur elektromagnetischen Verträglichkeit, abhängig vom verbleibenden Hochfrequenzanteil des Wechselrichters.

Warum diese Wechselrichter so ausgeliefert werden, ist mir nicht ganz klar. Die Beschaltung der Steckdose entspricht der "klassischen Nullung", die seit den frühen 1970er Jahren verboten ist, mit dem entscheidenden Unterschied, dass es beim WR keinen Nullleiter gibt, und damit Strom (Potential) auf die Fahrzeugmasse gelegt wird. Möglicherweise ist eine normgerechte Erdung vom Hersteller vorgeschrieben, die aber im Wohnmobil technisch gar nicht möglich ist. Beim Landstromanschluss ist das Wohnmobil natürlich über den Schutzleiter geerdet, aber dann wird es mit dem Wegfahren schwierig, und man braucht auch keinen WR. Ich kann jedenfalls ausschliesslich Geräte mit Schutztrennung empfehlen. Bei den inzwischen verbreiteten Elektroautos ist das Hochvolt-Netz von der Karosserie durch Schutztrennung (mit Isolationsüberwachung) entkoppelt, dies ist auch normativ so vorgegeben. Nicht nur wegen der fehlenden Erdung, sondern auch wegen der leitfähigen "Bausubstanz" und häufigen Erschütterungen gelten im Fahrzeug andere Regeln als im Haus.

Details zu Fehlerstromschutzschaltern, und wie man sie sinnvoll an einem Wechselrichter einsetzen kann, werden auf einer eigenen Seite behandelt.

Weiterführende Information

Wikipedia-Eintrag zu Schutzmassnahmen in der Elektrotechnik: Link

Elpro, mehrere Betriebsmittel an mobilem Stromerzeuger: Link (pdf)

Fachbeitrag zur Sicherheit mobiler Stromerzeuger: Link

Geheimtipp: Warum ungeerdete IT-Systeme besser sind als geerdete Systeme; 14 Vorteile und 2 Nachteile: Link

Artikel zur neuen Norm für Caravans: Link (pdf)

Umfangreiche Anleitung von Victron: Link (pdf)

Titelbild: Braubach (Rhein)