Überspannung

Überspannungen können im Bordnetz des Womos durch defekte oder überlastete Laderegler zustandekommen. Bei Landstromanschluss kann Überspannung im Netz auftreten, dazu steht unten auf der Seite mehr. Da zu hohe Spannung so ziemlich jedes elektrische Gerät zerstören kann, ist eine Schutzeinrichtung kein schlechter Gedanke. Hier ein paar technische Möglichkeiten:

 Clamping

Ein "Abschneiden" des reinen Überspannungsanteils bezeichnet man als "clamping" nach dem Bild einer Schraubzwinge. Für einen elektrischen Verbraucher ist das ein guter Schutz. Es gibt ein Bauteil namens TVS-Diode, das bei einer bestimmten Spannung leitend wird und damit die Überspannung kurzschliesst. Das ist ein hervorragender Schutz für kurzzeitige Überspannungen, und ausgesprochen preiswert. Ein Schaltbild spare ich mir, die Diode wird einfach an Plus und Minus angeschlossen. Es gibt zwei Versionen; bei einer muss die Polung beachtet werden, bei der anderen nicht. Allerdings bleibt die kurzgeschlossene Energie in der Diode, die dadurch heiss wird, und bei längeren Überspannungen quittiert sie den Dienst. Die Dioden vom Typ 5KP15CA werden oberhalb von 15V leitend. Eine Messung ergab keine Leitung bis 17,5 V und Durchgang oberhalb von 18,5 V. Sie sind daher gut geeignet, Überspannungen im Bordnetz abzufangen. Die Polung ist bei diesem Typ egal. Wer gerne ein bisschen mehr Sicherheitsabstand mag, kann auch 5KP20CA nehmen. Man kann auch mehrere TVS-Dioden parallel verwenden, was die Belastbarkeit erhöht.

Crowbar

Der englische Begriff "Krähen-Hebel" bezeichnet ein Stemmeisen - anscheinend können amerikanische Krähen problemlos ein Womo knacken. Eine Crowbar - auf deutsch Klemmschaltung genannt - ist der ultimative Schutz gegen Überspannung, da die Schaltung bei Erreichen des Schwellwerts einen dauerhaften Kurzschluss schaltet. Die Analogie soll einem Stemmeisen entsprechen, welches man auf die Anschlusspole wirft, aber der Name wird eher wie beim Clamping von der Form des Spannungsverlaufs abgeleitet sein - siehe Bilder. Die Idee ist, durch den Kurzschluss Sicherungen auszulösen, und so eine dauerhafte Abschaltung zu erreichen.

Sicherungen

Leider nein. Klassische Sicherungen schützen vor zu hohem Strom, nicht vor zu hoher Spannung. Der Überspannungsschutz ist also eine zusätzliche Massnahme, der auch vorhandene Sicherungen nie ersetzen kann. Sie sind aber hier wichtig, da Überspannungen ja nicht nur kurzzeitig auftreten können. Ein kaputter Solarregler kann eine dauerhafte Überspannung erzeugen, und eine TVS-Diode hält die Überschussleistung nicht lange aus. Wenn durch den Kurzschlussstrom die Sicherung ausgelöst wird, entsteht allerdings kein weiterer Schaden. Bei richtiger Dimensionierung sind das gute Teams.

Abschalten

Ähnlich wie eine Sicherung verhält sich eine spezielle Schaltung, die bei Erreichen einer bestimmten Spannung abschaltet. Dies bezeichnet man auch als OVP (Over-Voltage Protection). Wenn man die Spannungsquelle abschaltet, ist das ein guter Schutz. Einfacher, aber auch weniger zuverlässig als eine OVP-Abschaltung funktionieren die oben erwähnten TVS-Dioden in Verbindung mit einer Schmelzsicherung, die durch den höheren Strom durchbrennt.

Leider wird OVP gern als eine Funktion von Batterie-Managementsystemen (BMS) verkauft. Das ist ein bisschen problematisch, da die Batterie selbst nie die Quelle der Überspannung sein kann. Dadurch schützt die OVP zwar die Batterie, wenn etwa ein Solarregler kaputtgeht, überlässt die ganze restliche Fahrzeugelektrik aber der Überspannung. Diese steigt dadurch sogar sehr schnell an, da eine Batterie die Spannung stabilisiert. Das Design einer elektrischen Anlage ist halt mehr als die Summe der Komponenten, sie sollten auch an der richtigen Stelle sitzen.

Landstrom

Überspannung kann auch vom Netz kommen, wenn man an Landstrom hängt. Hier ist Wegschalten eine gute Idee, weil man das ganze Womo schützt. Es gibt dafür günstige Geräte mit programmierbaren Schaltschwellen, die man in die Stromversorgung einschleift. Für extreme Ereignisse (Blitzschlag) gibt es noch zusätzlichen Schutz für Hausinstallationen, der allerdings eine gute Ableitung in die Erde voraussetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Womo funktionieren, und würde daher empfehlen, bei Gewittergefahr das Womo vom Landstrom zu trennen. Dies senkt auch die Gefahr eines direkten Blitzeinschlags, da man mit dem Schutzleiter auch die Erdung der Karosserie trennt.

Unsere Absicherung des Landstromeingangs mit (von links) RCD (früher FI), Leitungsschutzschaltern und Über/Unterspannungsschutz. Vorgeschrieben und ab Werk vorhanden war nur der Leitungsschutzschalter, der beide Leiter abschalten muss. Das kann auch wie hier mit den zwei einpoligen Leitungsschutzschaltern in der Mitte erfolgen. Bei neueren Modellen ist auch der RCD vorgeschrieben. Eine Nachrüstung ist nicht Pflicht, aber sinnvoll,  RCD und Leitungsschutzschalter gibt es auch kombiniert, was dann weniger Platz braucht und RCBO heisst. RCDs sollten gelegentlich durch Drücken der Auslösetaste getestet werden, z.B. direkt nach Legen des Landstromanschlusses.

Brandschutzschalter

Als Brandschutzschalter oder AFDD (für Arc Fault Detection Device, Fehlerlichtbogenerkennungsgerät) bezeichnet man moderne Geräte zum Einbau in den Stromverteiler, die aufgrund der typischen Hochfrequenzmuster einen Lichtbogen elektronisch erkennen können. Wenn dieser nicht nur ganz kurz auftritt, wird abgeschaltet. Das ist ein guter zusätzlicher Schutz vor Bränden aufgrund defekter Geräte oder Kabel. Das ist jetzt nicht direkt ein Überspannungs-, aber ein Netzspannungsthema. Macht direkt im Womo keinen Sinn, aber wenn man zuhause das Womo an Landstrom hängt, ist eine AFDD-Nachrüstung eine gute Idee für den betreffenden Stromkreis: neben dem Womo werden auch das Kabel und die Steckverbindungen mitgesichert. AFDD sind immer zweipolig (P + N) und haben eine Richtung, also dezidierte Anschlüsse für die Versorgungs- und Lastseite. Es gibt sie einzeln oder in Verbindung mit Leitungsschutzschaltern. 

Titelbild: bei Göttingen