Pkw § Womo

Auf dieser Seite geht es um die Frage, ob ein Womo mit zulässiger Gesamtmasse (zGM) bis 3,5 Tonnen in Deutschland rechtlich als Pkw zu betrachten ist. Fein raus sind damit die Einwohner unserer Nachbarländer. In der Schweiz gibt es leichte Motorfahrzeuge bis 3,5 Tonnen, alles darüber sind schwere Motorfahrzeuge. Das ist viel zu einfach und verständlich, um lustig zu sein - wer es dagegen kompliziert und uneindeutig mag, wird hier seine Freude haben. Hinweis: dies ist keine Rechtsberatung.

       

Die Bedeutung der Symbole ist im Gesetzestext festgelegt. In Deutschland ist das die StVO. Wichtig ist erst einmal, ob das Fahrzeug-Symbol das Auto von vorne oder von der Seite zeigt. Sieht man es von vorn, oder meinetwegen von hinten, steht es nie für einen Pkw. Beim Überholverbot steht das schwarze Symbol für ein mehrspuriges Fahrzeug, das rote für ein beliebiges. Das ist problemlos auf Womos übertragbar, sie dürfen hier weder überholen noch überholt werden. Und auch das weisse Symbol auf dem Parkplatzschild steht für ein beliebiges Fahrzeug, allerdings darf man nur bis zu einer zGM von 2,8 Tonnen ganz oder teilweise auf dem Bürgersteig parken. Die meisten Womos sind damit raus. Kann man am Schild nicht sehen, muss man wissen. 

     

Von der Seite gezeigt ist die Bedeutung anders - hier bedeutet das Symbol meistens Pkw. Das ist zumindest auf dem Verbotsschild eindeutig so - das Fahrzeug von vorn stünde hier für beliebige mehrspurige Kraftfahrzeuge. Auf dem Gefahrenzeichen ist allerdings nicht so recht klar, wofür das Autosymbol stehen soll. Die Beachtung würde ich trotzdem empfehlen, ein mögliches Bussgeld scheint da nicht das zentrale Problem zu sein.

     

Wieder anders ist es auf Zusatzschildern:  wenn diese einen Pkw von der Seite zeigen, dann bedeutet das auch immer: Personenkraftwagen. Nicht ganz immer, denn die beiden Beispiele oben weisen wieder auf Gefahren hin, und da hat das Auto-Piktogramm keine Bedeutung. Ansonsten gilt das aber durchgängig, also auch das Fahrzeug mit Anhänger steht für "Pkw mit Anhänger" und nicht etwa für ein beliebiges Gespann. Man könnte also meinen, dass hier die Bedeutung klar ist, aber leider ist in der StVO nicht definiert, was ein Pkw genau ist.

           

Zur Illustration hier zwei häufig anzutreffende Klassiker von der Autobahnbaustelle (Überholverbot) und aus dem Wohngebiet (Parkplatz). Für uns stellen sich die Fragen:

1. Erstes Schild: darf ich hier mit einem Wohnmobil mit Anhänger überholen? 

2. Zweites Schild: darf ich mit einem Wohnmobil hier parken?

Jeweils max 3,5 Tonnen, zur Vereinfachung. Möglicherweise auch für schwerere Womos, dazu mehr weiter unten. Die Fragen hängen rechtlich zusammen: wenn man die eine bejaht, muss man die andere verneinen. Und umgekehrt. Je nachdem, ob man ein Womo als Pkw betrachtet oder nicht. 

Problematisch ist die Situation auf Autobahnraststätten und Landesgrenzen: die haben häufig einen Bereich für Pkw und einen für Lkw und Busse. Wenn ein Womo kein Pkw ist, darf man dort nirgends parken oder durchfahren, denn ein Lkw ist es nicht. Im September 2020 wurde das Thema an den Bundestag herangetragen. Die politischen Ausreden, um sich nicht mit dem Thema beschäftigen zu müssen, sind hier dokumentiert: Drucksache 19/22803 (pdf) 

Auf Parkplätzen, die mit den Zusatzzeichen 1010-58 oder 1010-59 gekennzeichnet sind, dürfen Wohnmobile nicht parken, da es sich nicht um Fahrzeuge handelt, die der reinen Personenbeförderung dienen. 

Besagte Zusatzzeichen sind der Pkw und der Pkw mit Anhänger. Interessant an der Antwort ist die alberne Begründung: es gibt überhaupt keine Fahrzeuge, die der reinen Personenbeförderung dienen. Ein üblicher Pkw hat einen Kofferraum und vielleicht Dachreling und Anhängerkupplung. Nichts davon hat mit Personenbeförderung zu tun oder stellt die Eigenschaft als Pkw in Frage. Die Antwort oben ist auch nur eine Meinung ohne Rechtskraft. Um die Frage eindeutig beantworten zu können, braucht es entweder eine saubere Definition in der StVO oder ein höchstrichterliches Urteil. Beides steht noch aus.

Ich persönlich vertrete die Gegenmeinung, weil ein Womo eindeutig überwiegend dem Personentransport (und nicht dem Gütertransport) dient. In meinem Fahrzeugschein steht "Fz.z.Pers.bef.b. 8 Spl. Wohnmobil", und nach meiner Interpretation ist ein Fahrzeug zur Personenbeförderung ein Pkw. Ich würde also mit Hänger in der Baustelle nicht überholen, aber ich stehe bisweilen auf Pkw-Parkplätzen. Erwähntes höchstrichterliches Urteil ist von mir aber trotzdem nicht zu erwarten, da ich die seltenen Parktickets aus Mitleid einfach bezahle; sie sind in der Grössenordnung üblicher Parkscheine. Ein Einspruch könnte trotzdem Erfolg haben, da die Rechtslage zumindest uneindeutig ist.

Wenn man von der StVO mal absieht und sich auf handwerklich besser gemachte Regularien stützt, wird man fündig: das Personenbeförderungsgesetz (PBefG §4 (4) 1.) definiert Pkw eindeutig in einer Weise, die Wohnmobile einschliesst. Die übergeordnete Richtlinie 2007/46/EG fasst Automobile und Wohnmobile, nicht jedoch Geländewagen, in der Klasse M1 zusammen. Leider müssen Richtlinien in nationales Recht überführt werden, um gültig zu sein - aber sollte das verschlampt werden, kann man sich als EU-Bürger nach EuGH-Urteilen auf die zugrundeliegende Richtlinie berufen. Auch das Kraftfahr-Bundesamt (KBA) ist schon so weit und führt in Glossar wie Statistiken Wohnmobile (und sogar Geländewagen) unter Pkw. Und ein Blick auf den Führerschein hilft ebenfalls, wenn es ein Kartenführerschein ist: von den siebzehn Fahrerlaubnisklassen ist keine für Womos dabei. Erforderlich ist Klasse B, gekennzeichnet mit einem Pkw-Symbol.

Mit dem Zusatzzeichen 1010-67, welches ein Womo zeigt, kann ein Parkplatz auch eindeutig für Wohnmobile gesperrt werden, sollte das dem Willen der Ordnungsbehörde entsprechen, und Verkehrszeichen haben eindeutig zu sein. Ich habe manchmal den Verdacht, dass die Existenz dieses Zusatzzeichens dazu verleitet, Womos als "eigene Fahrzeugkategorie" zu betrachten. Für diese Meinung gibt es aber keine mir bekannte rechtliche Grundlage. Wohnmobile sind Fahrzeuge mit besonderer Zweckbestimmung der Fahrzeugklasse M1, vergleichbar mit rollstuhlgerechten Fahrzeugen, für die es auch ein entsprechendes Zusatzzeichen gibt. Darf ein solches Fahrzeug ausschliesslich auf Behindertenparkplätze, oder dürfen sie auch auf einem Pkw-Parkplatz parken? Dasselbe muss sinngemäss für Wohnmobile gelten.

Das KBA zählt übrigens auch auch Geländewagen zu den Pkw, obwohl diese eine eigene EG-Fahrzeugklasse haben. Dadurch parken Geländewagen auf Pkw-Parkplätzen auf rechtlich dünnerem Eis als Wohnmobile.

Noch verwirrender ist die Rechtslage bei Wohnmobilen über 3,5 to zGM und dem Lkw-Symbol beim Verbot der Einfahrt (Zeichen 253) und beim Überholverbot (Zeichen 277). Auch hier sind Pkw und Busse jeweils ausgenommen. Natürlich werden die Schilder oft aus einem bestimmten Grund aufgestellt, und man sollte wissen, was man tut - die Hausecke fragt beim Aufschlitzen der Seitenwand nicht nach der Nutzungsart des Fahrzeugs. Dennoch kann sich bei einem Bussgeld ein Einspruch lohnen, wenn das fragliche Womo als Pkw betrachtet werden kann. Hier sollte ein Blick in den Fahrzeugschein helfen. Allerdings geht die Rechtsauffassung überwiegend in die Richtung, dass Lkw-Symbole auch für Wohnmobile über 3,5 Tonnen gelten. Sachlogisch müsste dann das Pkw-Symbol auf alle Wohnmobile bis 3,5 Tonnen zutreffen, aber beides ist nicht eindeutig in der StVO definiert.

Einen Wohnwagen hatte ich nie, aber sinngemäss lässt sich die "besondere Zweckbestimmung" übertragen: ein Wohnwagen ist die Sonderform eines Anhängers in derselben Weise, wie ein Wohnmobil eine spezielle Ausführung eines Pkw ist.

Anekdote am Schluss: es gibt exklusive Autobahnparkplätze mit Pkw-Symbol. Frage: darf ich da mit einem 40-Tonner drauf? Diese Frage wurde mir vom Fahrlehrer bei der Lkw-Ausbildung gestellt, und ich habe mich nicht getraut, sie korrekt zu beantworten. Die richtige Antwort ist: natürlich darf ich. Parken darf man dort nur mit Pkw, aber Halten - beispielsweise für einen Fahrerwechsel - darf man mit beliebigen Fahrzeugen.

Beispiele aus dem echten Leben:

In Wernigerode hinter dem Bahnhof gibt es einen Parkstreifen für mehrspurige Kraftfahrzeuge. Hier darf das 40tonner-Womo parken, der Motorroller aber nicht. Ob das auch so "gemeint" ist, vermag ich nicht zu sagen. In offiziellen Zulassungsstatistiken sind Womos unter Pkw aufgeführt. 

Links

Link zum Europarecht - demnach sind Wohnmobile Klasse M1=Pkw. Massgeblich ist aber immer das Recht im Land, wo man sich aufhält.

Link zum Glossar des KBA - auch hier sind Wohnmobile bei Pkw erfasst. Leider entfaltet auch ein Glossar des Kraftfahr-Bundesamtes nicht direkt eine Rechtskraft, aber bei der Argumentation hilft das schon.

Link zum Personenbeförderungsgesetz - hier gibt es eine Definition: PBefG §4 (4) 1. Personenkraftwagen: Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind. Das schliesst Womos ein. Die StVO hat es leider noch nicht so weit gebracht.

Titelbild: Braubach, Busparkplatz